Wieso und warum - Ein Jahr im Kreis
Ich konsumiere nicht nur Fußball, ich spiele auch. In der untersten Liga. Aufm Dorf. Ein Jahr im Kreis ist eine Sammlung von Texten, die ich nach und nach hier veröffentlichen werde und eine Spielzeit aus meinem Blickwinkel wiedergibt.
Alle Spiele sind bereits gelaufen, einige Texte schon fertig, die meisten noch in der Mache. Mein Ziel ist es, mit den Texten eine in sich abgeschlossene Geschichte zu erzählen, deshalb kann es sein, dass im Nachhinein hie und da noch geändert wird.
Ich möchte vorwegnehmen, dass detaillierte Spielberichte nur einen Teil der Texte ausmachen werden und es auch um das ganze Drumherum in der untersten Spielklasse geht. Das wurde vermutlich an anderer Stelle von anderen Schreibern schon tausendfach getan, aber eben noch nicht von mir.
Keine Fiktion, alles so passiert mit der ein oder anderen Über/Untertreibung und hoffentlich unterhaltsam für den Leser.
Beim letzten Mal
Mein letztes Spiel in der 2. Männermannschaft hatte ich im Mai bestritten - es war eine bedeutungslose aber dennoch schmerzhafte Niederlage.
Der Stellenwert des Spiels ließ sich schon an der kurzen Ansprache vor dem Match erkennen. Wo sonst rudimentär über Taktik und Spezialaufgaben (“Du stehst dem Neuner immer auf den Füßen”) gesprochen wird, kam in diesem Fall folgende Ansprache (sinngemäß): “Vergesst nicht, nächste Woche ist spielfrei und in zwei Wochen ist unser letztes Spiel - zu Hause. Versucht, zu dem Tag alle da zu sein, auch wer nicht spielt, wir wollen die Saison ausklingen lassen. Der Martin gibt seinen Ausstand und in der Mannschaftskasse hat sich auch Einiges angesammelt - es wird also genug zu trinken geben. Wir werden grillen, nicht dieses ekelhafte Zeug, das man im Supermarkt bekommt sondern richtiges Fleisch, darum werde ich mich kümmern. Also seht alle zu, dass ihr da seid.”
Bei der Sache mit dem Fleisch blickten dann doch einige auf. Warum unser Trainer keinen Satz zum Spiel/Gegner verloren hatte, war aber irgendwie auch klar, denn jeder wusste, was uns bevorstand: Ein Team, das mehr kämpfte als spielte, das je nach Aufstellung über ein bis zwei Könner verfügte, ansonsten nach allem trat, was sich bewegte und dessen Spieler vor allem eines taten - 90 Minuten um ihr Leben rennen. Genau das hatte uns unser Trainer schon in den zwei (ja, zwei) vorherigen Saisonspielen und in den Vorjahren gegen dieses Team mit auf den Weg gegeben: “Die können kein Fussball spielen und rennen 90 Minuten um ihr Leben. Lasst den Ball laufen, sonst treten die euch die Knochen kaputt.”
Aber irgendwie taten wir uns doch immer schwer mit den laufstarken Allestretern - das erste Spiel hatten wir nach grottiger Leistung in letzter Minute verloren, die zweite Begegnung konnten wir knapp (durch einen Elfmeter, wenn ich mich richtig erinnere) für uns entscheiden. Was sollte unser Trainer uns also vor diesem bedeutungslosen Spiel gegen einen Gegner, den wir gut kannten, mitgeben? Eben, es gab nichts zum Spiel zu sagen, da kann man die Zeit auch sinnvoll nutzen und über den Saisonabschluss sprechen, wenn ausnahmsweise mal alle zuhören.
Das Spiel selbst war dann das erwartete Desaster. Schon nach wenigen Minuten kassierten wir nach einem Freistoß ein unnötiges Gegentor. Freistoßgegentore! Unnötig zu erwähnen, dass Tore nach Freistößen gefühlt immer nur für den Gegner fallen. Wieso konnten wir nicht mal einen ordentlichen Freistoß in den Strafraum schlagen und einköpfen oder den Abpraller vom Torwart verwerten? Wieso bekamen wir nie Freistöße in aussichtsreicher Position zugesprochen? Generell Standardsituationen! Da tat sich nichts, wenn ich meiner Wahrnehmung glauben schenken konnte. Egal.
Aufwändig arbeitete man sich ins Spiel zurück, um gleich nach dem Ausgleichstreffer noch vor der Halbzeit ein weiteres Tor zu bekommen. 2:1 Halbzeitstand - in den zweiten 45 Minuten würden die mit allen Spielern in der eigenen Hälfte stehen, warten bis wir den Ball verlieren und ihn sofort weit nach vorn klatschen, wo dann schon irgendjemand stehen würde - tolle Aussichten.
Aufgrund der bereits sommerlichen Temperaturen machte nach 15 Minuten der 2. Halbzeit ein Großteil der Mannschaft schlapp - es fehlte einfach die Kraft, Angriffe koordiniert zu Ende zu spielen und den Gegner ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Diese Art zu verlieren, ist schlimm - du liegst knapp zurück, merkst aber, dass kein Pass mehr ankommt. Irgendwann hörst du dann auf, dich nach vorne zu orientieren, weil die Bälle so schnell verloren gehen, dass du jedes Mal postwendend zurücklaufen musst. Dann kommen die Auflösungserscheinungen: die Verteidiger versuchen sich nach vorne einzuschalten, aber die Bälle sind trotzdem sofort weg und hinten entstehen riesige Lücken.
Dann wird man im Minutentakt überrannt und versucht, hinten geblieben, Schlimmeres zu verhindern. Dazu trugen in diesem Spiel auch die unfähigen Stürmer des Gegners bei, die es nicht fertigbrachten, den Ball nochmal ins Tor zu stolpern. Also bist du die ganze Zeit nur mit einem Tor hinten und wenn nur eine Aktion...aber da war nichts. Eine peinliche Vorstellung.
Nach dieser Niederlage war ich restlos bedient - einerseits war ich von mir selbst enttäuscht, denn ich hatte mir nicht wenige Schludrigkeiten geleistet, andererseits von der Mannschaft und dem Zustandekommen des Ergebnisses. Hinzu kam, dass ich im nächsten Spiel sowieso nicht spielen sollte und so beschloss ich, das gute Grillfleisch und das Freibier den anderen zu überlassen und mich still und heimlich in die Sommerpause zu verabschieden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen