Ein Jahr im Kreis
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Lange Fußballtexte wechselnder Autoren. Von und mit mir.
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Freitag, 20. Dezember 2013

Reicher Riese

Eine russisch-ukrainische Liga könnte den Fußball in Europa eingehend beeinflussen. Das Pro und Contra einer Ligareform, die auf einen mächtigen Fürsprecher aus der Wirtschaft zählen kann. 

Dieser Beitrag erschien nahezu unverändert in Ausgabe 2 von OstDerby im Mai. Auch im aktuellen Heft bin ich mit einem Beitrag vertreten.

21. Spieltag in der ukrainischen Premier Liga, Mitte März 2013. Tabellenführer Shakhtar Donezk empfängt in seiner modernen Donbass Arena den Tabellenfünften aus Odessa. Mehr als 35.000 Zuschauer sehen ein ungefährdetes 3:0 der Gastgeber mit Toren von Fernandinho, Mkhitaryan und Luiz Adriano. Der Donezker Kader ist mit osteuropäischen Nationalspielern und Südamerikanern gespickt.

Panoramio - V&A Dudush - Донбасс Арена август 2009
Stadion Donezk - die Donbass Arena
ist ein moderner Fußballtempel
In der abgelaufenen Saison sicherte sich Donezk den vierten Titel in Folge. Das Team von Dynamo Kiew, das sich seit 1993 mit Shakhtar in die Meistertitel teilt, und die anderen Verfolger hielten gebührenden Abstand. 100 Kilometer entfernt empfängt am gleichen Spieltag der 7. der Tabelle, Mariupol, den 12. aus Kiew (Arsenal Kiew, um genau zu sein) - nur 5.000 Zuschauer zieht dieses Mittelfeldduell an.

In der ersten russischen Liga ist das Gefälle kleiner, aber auch dort gibt es an der Tabellenspitze Teams, die in der Champions League mitmischen wollen und am anderen Ende Mannschaften, die die finanziellen Möglichkeiten eines deutschen Zweitligisten haben. Ganz oben thronen Zenit St. Petersburg und die Moskauer Klubs.

Стадіон «Іллічівець» у Маріуполі
Stadion Mariupol -
beschaulicher Hort eines ukrainischen Erstligisten
Die russische und die ukrainische Liga eint das Problem eines großen Leistungsgefälles und fehlender Attraktivität. Die durchschnittlichen Zuschauerzahlen beider Ligen bewegen sich mit 12.000-13.000 Zuschauern pro Spiel jenseits der europäischen Topligen auf dem Niveau der Schweizer Super League. Das öffentliche Interesse und damit auch das von Sponsoren passt nicht zu den Ambitionen der Topklubs. In Europa konnte man in den vergangenen Jahren mit mehreren Triumphen im UEFA-Cup aufwarten. Donezk, das im Finale 2009 eine Nummer zu groß für Werder Bremen war, Zenit, die Bayern München und Bayer Leverkusen aus dem Wettbewerb warfen, und ZSKA Moskau konnten zwischen 2005 und 2009 drei Titel holen. Mit professioneller Infrastruktur, hohen Ablösesummen und hohen Gehältern wurden Russland und die Ukraine für Topspieler zu einer ernstzunehmenden Option bei Vertragsverhandlungen.

Der Durchbruch in der Champions League blieb jedoch aus - gerade mal auf zwei Viertelfinalteilnahmen können Zenit und Co. in den letzten Jahren verweisen. Die großen Klubs Europas haben eine andere Kragenweite. In den nationalen Ligen fehlt es an Wettbewerb und Einnahmen, um mithalten zu können. Zweiteres konnte von den meist wohlhabenden Vereinseigentümern bisher kompensiert werden. Vor dem Hintergrund des von der UEFA eingeführten Financial Fair Play ist jedoch ein Umdenken notwendig. Mäzene können nicht mehr unbeschränkt Geld in die Vereine pumpen, wenn ihre Teams an den europäischen Wettbewerben der UEFA teilnehmen wollen.

Was läge also näher als eine Liga, welche die Topklubs aus Russland und der Ukraine vereint und neue Sponsoren anzieht? Genau diese Überlegung steht seit einiger Zeit im Raum und hat bereits konkrete Formen angenommen. In der obersten Spielklasse sollen die besten Mannschaften aus beiden Ländern ihren Meister ermitteln. Die zweite und dritte Liga würden als regionale russische bzw. ukrainische Ligen mit jeweils vier Staffeln und Teams ausgespielt werden. Die Erstplazierten würden in einer Aufstiegsrunde gegeneinander antreten. Zunächst mit Mannschaften aus Russland und der Ukraine beginnend, ist eine Ausweitung auf das gesamte Gebiet der ehemaligen Sowjetunion angedacht. Startschuss für die Liga sollte ursprünglich bereits im kommenden Jahr sein. Die UEFA, die diese neue Liga anerkennen müsste, ließ jedoch verlauten, dass man zunächst die Entwicklung der niederländisch-belgischen Frauen-Fußballliga (ein Pilotprojekt, das bis 2015 läuft) abwarten wolle.

Wer profitiert von einer Ligareform?

Die Vorteile einer russisch-ukrainischen Liga lägen auf der Hand: Sie würde für attraktivere Spielpläne sorgen. Das spielerische Niveau wäre weitaus näher an dem der westeuropäischen Spitzenligen und der größere Wettbewerb könnte dafür sorgen, dass man auch in den UEFA-Wettbewerben besser bestehen kann. Sowohl national als auch international würde die multinationale Liga mehr Zuschauerinteresse wecken. Damit könnte man neue Sponsoren anziehen und höhere Einnahmen aus dem Verkauf von TV-Rechten für In- und Ausland würden den Klubs zugutekommen.

So wären die Vereine weniger abhängig von den Zuwendungen der Eigentümer und könnten die Auflagen des Financial Fair Play dauerhaft erfüllen. Der stärkere Wettbewerb und die bessere Einnahmesituation würden die Vereine auch attraktiver für Spieler und Trainer aus dem Ausland machen.

Aber es gibt auch Grund zu berechtigter Kritik an diesem Modell. Aufgrund der kleineren Liga würden weniger Teams erstklassig spielen. Die Durchlässigkeit in die oberste Spielklasse wäre nicht mehr so groß wie bisher. Wer nach ganz oben will, muss sich in seiner nationalen Staffel und im Vergleich mit Vertretern aus dem Nachbarland durchsetzen. Kleinere Vereine wären wohl die Verlierer der Ligareform und liefen Gefahr, in der Versenkung zu verschwinden. Die Kluft zwischen armen und reichen Vereinen könnte noch größer werden.

Darüber hinaus müssen höhere Einnahmen nicht zwangsläufig für besseren Fußball sorgen. Wird das Geld an der falschen Stelle investiert, könnte es zu steigenden Gehältern bei gleichbleibenden Kadern kommen. Die gleichen Spieler könnten besser dotierte Verträge aushandeln, was wiederum zur Folge hätte, das heimische Spieler, noch weniger als bisher, ins Ausland wechseln.

Die nationalen Verbände, die durch die neue Liga zweifelsohne an Bedeutung verlieren würden, stehen dem Vorhaben dementsprechend negativ gegenüber. Kleinere Vereine befürchten ebenfalls Nachteile. Fifa-Präsident Blatter bezeichnete die multinationale Liga als eine Unmöglichkeit, da sie gegen die Prinzipien der Fifa verstoße. Die UEFA wäre es aber, die eine solche Konstellation zulassen oder verhindern könnte. Denn sie hätte die Möglichkeit, die Teilnehmer der russisch-ukrainischen Liga von ihren Wettbewerben, also der Europa League, dem Super Cup und in erster Linie der Champions League, auszuschließen. Im November erteilte Michel Platini dem Projekt indirekt eine Absage. Nicht verwunderlich, denn eine multinationale Liga würde die Integrität der UEFA als Ausrichter europäischer Klubwettbewerbe untergraben.

Wieso auch sollte der Verband den russisch-ukrainischen Bestrebungen zustimmen? Und genau an dieser Stelle kommt man zum möglichen Zünglein an der Waage, dass bei genauerer Betrachtung ein Global Player mit weitreichendem Einfluss ist. Die Rede ist vom Gazprom-Konzern. Das größte Unternehmen Russlands mit mehr als 400.000 Mitarbeitern erwirtschaftete 2011 einen Umsatz von 120 Mrd. Euro. Hinzu kommt ein weitreichendes Netz von Tochterfirmen rund um den Erdball. Gazprom besitzt ein Quasi-Monopol für die russischen Öl- und Gasexporte und ist weit mehr als ein Unternehmen - es ist der verlängerte Arm der Putin-Regierung. Das Land Russland ist Mehrheitseigner und nutzt den Konzern gern als politisches Werkzeug, so geschehen als Gazprom der Ukraine und Weißrussland das Gas abdrehte.

Die russische Regierung ist bestrebt, dem Land ein besseres Image zu verpassen. Den Sport hat man als eine Möglichkeit dafür ausgemacht und die olympischen Winterspiele sowie die Fußball-WM ins Land geholt. Der Gazprom-Konzern tritt vor allem im Fußball immer wieder als großzügiger Geldgeber und Sponsor auf. Gazprom ist Eigentümer von Zenit St. Petersburg, sponsort u.a. den FC Schalke und Roter Stern Belgrad, ist “Global Energy Partner” von Chelsea und bringt sich immer wieder ins Gespräch - z.B. bei Antalyaspor in der Türkei, Levski Sofia in Bulgarien und nicht zuletzt beim FC Bayern München. Übrigens ist auch Franz Für-wen-werbe-ich-eigentlich-nicht Beckenbauer Botschafter der russischen Gasvereinigung, die in erster Linie Gazprom repräsentiert.

Die Unternehmensführung wird nicht müde zu betonen, dass man mit dem Sponsoring das eigene Image aufpolieren will. Indirekt arbeitet man aber auch am Image Russlands und verschafft sich mit großzügigen Finanzspritzen vor allem eines - Einfluss. Auf Vereinsebene war man im Sommer 2012 bereits gut aufgestellt, als man verlauten ließ, dass man ab sofort bis Ende der Saison 2014/15 Sponsor der UEFA Champions League und des UEFA Super Cup sei.



Initiator und Wortführer der russisch-ukrainischen Ligenreform ist ebenfalls Gazprom. Man arrangierte Treffen mit Klubvertretern aus beiden Ländern und strahlte Zuversicht aus, was kommende Gespräche mit der UEFA anbetraf. In diesem Zusammenhang erscheint das Engagement des Monopolisten beim europäischen Fußballverband wie ein strategischer Schachzug. Das russische Geld könnte ein Grund dafür sein, warum die UEFA die Bestrebungen nicht von Beginn an kategorisch abgelehnt hat. Die Begründung der UEFA hörte sich zumindest nicht nach einer strikten Ablehnung an. Eher nach einem taktischen Manöver, um Zeit zu gewinnen. Denn welche Relevanz hat der Zusammenschluss zweier Frauenligen für das Projekt - die sportlichen und wirtschaftlichen Dimensionen sind in keiner Weise vergleichbar.

Apropos Wirtschaft. Das geplante Modell könnte sich für die Vereine vor allem im Hinblick auf das Financial Fair Play der UEFA lohnen. Deren Richtlinien verbieten reine Finanzspritzen von Eigentümern, erlauben aber Sponsoring, TV-Einnahmen und Preisgelder. Die üppigen Antrittsgelder und Einnahmen aus Übertragungsrechten würden demnach nicht unter die Richtlinien fallen, wären also “gute” Einnahmen. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass zu Gazprom auch die Fernsehgesellschaft NTV+ gehört, die sich gegen viel Geld die Übertragungsrechte sichern könnte. Auch beim Sponsoring wären ähnliche Geldgeber, wie man sie derzeit noch direkt bei den Vereinen findet, denkbar. Man könnte also mit der neuen Liga das Financial Fair Play aushebeln. Die Richtlinien wären eingehalten und die Einnahmen würden dennoch stimmen.



Bedeutung für Europa

Neben den bereits beschriebenen direkten nationalen und internationalen Auswirkungen, könnte eine Ligareform weitreichendere Folgen haben. Eine russisch-ukrainische Liga hätte eine Sonderstellung innerhalb Europas. Sie wäre eine Kampfansage an die Topligen in Westeuropa - finanziell und sportlich. Vereine aus der Schweiz, Österreich oder anderen kleinen europäischen Ligen hätten noch geringere Chancen, in den UEFA-Wettbewerben konkurrenzfähig zu bleiben. Das zumindest auf dem Papier bestehende Gleichgewicht gleichberechtigter nationaler Ligen würde aufgeweicht werden.

Und die multinationale russisch-ukrainische Liga könnte für die UEFA zum Präzedenzfall werden. Wenn es Russen und Ukrainern erlaubt wird, was sollte dann gegen eine Benelux-, eine Balkan- oder eine Skandinavienliga sprechen?

In Südosteuropa spekuliert man bereits und von 2004-2007 gab es eine skandinavische Royal League mit Teams aus Norwegen, Dänemark und Schweden (die jedoch nicht die nationalen Ligen ersetzt hat). Langfristig wäre eine Kettenreaktion vorstellbar, die eine Veränderung der gesamten europäischen Fußballlandschaft zur Folge haben könnte und an deren Ende die von den großen Vereine immer wieder geforderte europäische Superliga stünde.

Gazprom schickt sich an, die Dominanz der westeuropäischen Vereine aufzubrechen und zur Abwechslung mal eine russische oder ukrainische Mannschaft auf den Thron des europäischen Fußballs zu hieven. In gewisser Weise ist die Ligareform ein Versuch, mit den ganz Großen mitzuhalten. Nichts Verwerfliches eigentlich, wenn man bedenkt, dass auch andernorts versucht wird, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Anstatt bei PSG oder Manchester City das Geld direkt vom Eigentümer zu kassieren, ist man dazu übergegangen, exorbitant hohe Sponsoringverträge mit Firmen abzuschließen, die sich im Dunstkreis der Vereinseigner befinden - auch eine Möglichkeit, die UEFA-Regularien zu umgehen.

Wenn man den Fußball als das betrachtet, was er auf diesem Niveau ist - nämlich als Wirtschaftszweig mit Klubs als Unternehmen, die Gewinn machen wollen bzw. müssen, dann sind diese Entwicklungen der übliche Lauf der Dinge - die UEFA versucht zu regulieren und die Vereine versuchen, das Regelwerk zu umgehen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Das gilt für ganz Europa gleichermaßen. Die Bestrebungen in Russland und der Ukraine gehen natürlich noch einen Schritt weiter und es liegt in der Hand der UEFA, ihnen zuzustimmen oder nicht. Der Einfluss von Gazprom und seinem Sponsoring sollte bei der Entscheidungsfindung nicht unerheblich sein. Geld hat den Projekten von Gazprom und Russland schon viele Türen geöffnet, auch wenn es im Moment den Anschein hat, als wolle die UEFA die Entscheidung aussitzen, bis der Sponsoringvertrag mit Gazprom ausgelaufen ist.

Dienstag, 17. Dezember 2013

Der Rumäne
(dieser Beitrag enthält Spuren von Eigenwerbung)

Wer den unfassbar unterhaltsamen Olli Schulz kennt, der kennt auch den “Rumänen”. Ein improvisierter Song, den Olli in höchster Not zusammenschusterte, als er genötigt wurde eben jenen “Rumänen” endlich zu spielen. Rumänien die große Unbekannte, nicht nur für Olli Schulz.

Auch fußballtechnisch kann man mit dem Land nicht besonders viel anfangen. Steaua Bukarest fällt einem vielleicht noch ein. Obwohl, Bukarest, Budapest ... Bulgarien, Rumänien, Ungarn - ein fußballerisches Bermudadreieck für den durchschnittlich interessierten Mitteleuropäer. Mir geht es ähnlich.

Vor einigen Wochen änderte sich das ein bisschen. Denn ich hatte Gelegenheit, nach Rumänien zu reisen, nach Brasov in Siebenbürgen um genauer zu sein. Den Besuch nutzte ich für einen Abstecher zum örtlichen Fußballballklub - dem FC Brasov. Zu diesem war in den deutschsprachigen Medien nicht mehr zu finden, als eine obskure Geschichte aus dem Jahr 2002 mit dem Prädikat "typisch Osteuropa". Der FC Brasov soll demnach einen seiner Spieler nicht gegen Zahlung einer Transfersumme sondern im Austausch gegen Kraftstoff im Wert von 50.000 Dollar abgegeben haben. Abstrus genug, um es in die deutschsprachige Berichterstattung zu schaffen.

Ansonsten war oft nur das Stereotyp des bestechlichen rumänischen Fußballs mit windigen Geschäftsleuten an seiner Spitze zu finden. Nicht besonders substanziell, aber auch nicht weiter verwunderlich, bedenkt man den aktuellen Stellenwert des rumänischen Fußballs in Europa. Steaua sang- und klanglos aus der Champions League ausgeschieden, die Nationalmannschaft chancenlos und schlecht organisiert in den WM-Playoffs an Griechenland gescheitert. Da gibt es nicht viel zu berichten.

Das an den Stereotypen auch Einiges dran ist, wird jeder Rumäne bestätigen. Korruption ist ein großes Problem. Bei meinem Besuch vor Ort konnte ich aber feststellen, dass dort mitnichten überall die Hand aufgehalten wird und Pferdefuhrwerke die Straßen blockieren. Ich traf mich mit Mitarbeitern des Vereins, lief Ex-Profis über den Weg und durfte Vereinslegende Csaba Györrfi kennenlernen. Herausgekommen dabei ist ein langer Artikel für die aktuelle Ausgabe von OstDerby, in der ich Vergangenheit und Gegenwart des kleinen FC Brasov beleuchte, immer auch mit Blick auf den rumänischen Fußball.

Die Lektüre des Texts und den Kauf der aktuellen OstDerby-Ausgabe empfehle ich daher, nicht ohne Hintergedanken, an dieser Stelle ausdrücklich.


Als kleiner Vorgeschmack sei hier noch auf eine der wenigen Sternstunden der Brasover im Europapokal verwiesen - 74/75 schien die Lage im UEFA-Pokal aussichtslos. 0:2 hatte man im Erstrundenhinspiel bei Besiktas verloren. Im Rückspiel rannte man an, schaffte aber bis zur 87. Minute keinen Treffer. Bis plötzlich der Knoten platzte und in den verbleibenden Minuten das Spiel gedreht wurde. Und so sah das dann aus:



Montag, 25. November 2013

Von fairen Griechen und verletzten Rumänen

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Stein des Anstoßes - Stammtorhüter
Tătărușanu, Bild: Ralf Roletschek
Die WM-Playoffs sind gelaufen und es steht fest, wer im kommenden Jahr nach Brasilien reisen darf. Da ich mich momentan mit dem rumänischen Fußball befasse, beschäftigte mich das Playoff zwischen Griechenland und Rumänien ein klein wenig mehr als den hiesigen Fußballfreund - also "etwas" anstelle von "gar nicht".

Das WM-Ticket durften die Griechen nach zwei guten Partien zu Recht lösen. Im Nachklapp des Spiels gab der griechische Trainerstab aber noch eine durchaus interessante Geschichte zu Protokoll.

Vor dem Hinspiel in Griechenland benannten die Rumänen ihren offiziellen Kader. Darin aufgeboten waren 2 Torhüter und 20 Feldspieler. Stammkeeper Tătărușanu laborierte an einer Verletzung. Laut griechischer Seite hätte der fehlende 3. Keeper den Rumänen zum Verhängnis werden können - denn laut FIFA sind bei 2 Torhütern nur 18 Feldspieler erlaubt. Der Kader der

Rumänen hätte also zu einer glatten 0:3-Niederlage führen können.

Hätte, weil die Griechen nicht intervenierten sondern die Rumänen auf den Fehler hinwiesen. Die wiederum machten daraufhin einen Feldspieler zum dritten Torhüter und hatten somit wieder einen regelkonformen Kader. Soweit die Version der Griechen, die von den Rumänen nicht kommentiert wurde.

Sollte sich alles so zugetragen haben, gebührt den Griechen natürlich Respekt für ihr Fairplay und den Entschluss, das Ergebnis auf dem Rasen auszufechten und nicht am grünen Tisch auszuhandeln.

Die Rumänen hätten sich demnach fast selbst disqualifiziert, weil sie nicht in der Lage waren, ihren Kader ordentlich zu benennen - was nicht gerade von überbordender Professionalität im Trainerstab zeugen würde.

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Weitere Informationen dazu findet man ekathimerini, the Independent oder Yahoo Sports.  

Dienstag, 12. November 2013

Miroslav Klose in der Nationalmannschaft - ein Scrollerlebnis mit Verlängerung

Update 3: August 2014. Miroslav Klose beendet seine Karriere im DFB-Team.

Update 2: Juli 2014. Miro spielt noch immer und trifft, ist WM-Rekordtorschütze und hat seine Karriere mit dem WM-Titel gekrönt. Muss ich noch mehr Gründe nennen, die dafür sprechen, diesen Post nochmals zu aktualisieren?

Update: Nach dem überaus positiven Feedback und der Nominierung des Beitrags zum Sportbloggeraward habe ich aus gegebenem Anlass noch eine ganze Reihe von mehr oder weniger wichtigen Fakten ergänzt.

In den letzten Monaten begleitet die Auftritte der Nationalmannschaft fortwährend ein Thema - der für die Ewigkeit gedachte Torrekord von Gerd Müller, der von Miroslav Klose inzwischen eingestellt wurde und überboten werden könnte.

Beeindruckend ist neben der Menge an Treffern im DFB-Dress auch die beachtliche Anzahl an Länderspielen, auf die Klose zurückblicken kann. Im Alter von 22 gab er im März 2001 sein Debüt für die Nationalmannschaft. Und immer noch scheint er die erste Wahl des Bundestrainers zu sein, wenn es um die Besetzung der Mittelstürmerposition geht, was nicht verwundert, wenn man sich die Leistungen des inzwischen 3536-jährigen bei Lazio Rom ansieht.

Ziemlich genau 13 Jahre trägt Miroslav Klose das Trikot der Nationalmannschaft - eine Menge Holz. Klar, dass sich die prägenden Gesichter und der Sport an sich in dieser Zeit verändert haben. Die Karriere des Miroslav Klose erscheint dennoch wie eine kleine Ewigkeit in der Fußballwelt. Man denke allein an die ungeliebte Nationalelf der frühen 00er zurück, in die der junge Klose hinein kam, und die Entwicklung der Mannschaft bis heute, in der Klose weiterhin seinen Platz behauptet.

Ich habe mich daran versucht, die Nationalmannschaftskarriere des Miroslav Klose abzubilden. Herausgekommen ist dabei unten stehende Übersicht. Links findet man einen Zeitstrahl und kann mittels Scrollen zurückreisen in die triste Vergangenheit der Nationalmannschaft. In der Spalte neben dem Zeitstrahl sind in erster Linie die Tore Kloses in der Nationalmannschaft aber auch andere Meilensteine seiner Karriere hervorgehoben:

68. - AUT, EM-Quali - bedeutet, dass Klose sein 68. Tor für die Nationalmannschaft im EM-Quali-Spiel gegen Österreich erzielte.

In der rechten Spalte wiederum sind die Entwicklungen in der Nationalmannschaft aber auch Dies und Das aus dem Weltfußball zu finden.

Was dieses Scrollerlebnis verdeutlicht? Wie unsagbar lang die Karriere Kloses im schnelllebigen Fußballgeschäft dieser Tage ist. Die Teamkollegen von heute spielten zu Beginn seiner Karriere noch Kleinfeld, Jürgen Klopp gab gerade seinen Abschied vom Profifußball als Spieler und, um noch ein bisschen zu dramatisieren, es wurde noch mit D-Mark bezahlt!




Bisschen textlastig, aber ich hoffe, es unterhält dennoch.

“Disclaimer” - die Auswahl der vermerkten Begebenheiten erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist subjektiver Natur. Ich habe die Angaben so gut es geht überprüft, lasse mich aber auch gern eines Besseren belehren, sollte eine Angabe nicht korrekt sein.

Falls es Probleme mit der Anzeige gibt, hier kann man sich das Ganze als PDF ansehen. Und die ursprüngliche Version in ganz bescheidener Qualität aber ohne JavaScript als Bilddatei.

Donnerstag, 7. November 2013

Lauf! - Ein Jahr im Kreis #5

Meine unzureichende Vorbereitung und meine miserable Kondition hatte ich ja bereits angedeutet. Meinen zumindest halbgaren Willen, daran etwas zu verändern auch. Nur getan hatte ich bis Spieltag 1 wenig bis gar nichts für mehr Ausdauer. Mit dem Begriff Lethargie lässt sich vermutlich am besten umschreiben, wieso aus mir keine Pferdelunge mehr werden würde.

Anno dazumal hatte ich für ein Weilchen regelmäßig bei einer anderen Mannschaft im Exil trainieren dürfen. In meiner Erinnerung bekamen mir diese Trainingseinheiten sogar ziemlich gut. Der Trainingsplan war relativ konditionslastig und es gab keine Einheit, in der nicht mindestens für 30 Minuten diverse Spielzüge für Flügelangriffe einstudiert wurden:

“Du spielst den Ball nach außen und läufst sofort in der Mitte durch. X macht die Pralle zu Y, der den Ball außen lang spielt. Y läuft in die Mitte und verteidigt gegen dich. Auf dem Weg in die Mitte lauft ihr ab Kegel 1 rückwärts, ab Kegel 2 vorwärts, dann im Sprint zu Kegel Z. Y schlägt eine Flanke auf dich und du versuchst ein Tor zu erzielen.” 

Oder so ähnlich. Bis bei einer solchen Übung jeder kapiert hat, was zu tun ist, vergeht eine Zeit, wie überhaupt immer mindestens ein Drittel der Trainingszeit mit “nicht wissen, was tun”, Schulterzucken und Bällen ins Nirgendwo vergeht. Hatte aber jeder halbwegs begriffen, wo er hinlaufen sollte, waren diese Übungen für mich Gold wert - bisschen Passspiel, die Linie runterwetzen und versuchen eine ordentliche Flanke zu schlagen, ist für einen Außenverteidiger in der Kreisklasse schon die Kür. Dieser einfache Spielzug, ein paar Mal ordentlich ausgeführt, kann einem einen Stammplatz auf Lebenszeit einbringen.

Mein damaliges regelmäßiges Training sorgte sogar für spürbare Verbesserungen. Ich wurde ballsicherer, laufstärker und führte oben beschriebenen Spielzug in einem Pflichtspiel vorbildlich aus, sodass ein Mannschaftskollege das Spielgerät mit einem wuchtigen Kopfball im Tor unterbringen konnte. Ein Moment höchster Glückseligkeit, bei dem ich mir einfach nur dachte: “das muss von außen unglaublich cool ausgesehen haben”. Und auch meine Mitspieler attestierten mir, dass ich meine Ü-40 Gegner wirklich alt aussehen ließ - eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Wieso ich mit dem Training einfach so aufhörte, kann ich heute nicht mehr ergründen. Wenn ich mich recht entsinne, ging ich nach der Winterpause einfach nicht mehr hin. Einerseits war ich null informiert, wann es wieder losgehen würde, was natürlich eine hanebüchene Ausrede war. Andererseits fiel es mir schwer mich “einfach so” wieder mit diesen mir weitestgehend Unbekannten, von denen ich gerade mal die Vornamen kannte, zu treffen. Als kontaktscheuer Einzelgänger, der am Waldrand aufgewachsen ist, stellte es für mich eine riesige Überwindung dar, die fremd gebliebenen Mitspieler auf dem Hartplatz nach dreimonatiger Unterbrechung wieder aufzusuchen.

Oder man bringt es einfach auf den Punkt und führt auch hier wieder meine ausgeprägte Lethargie an.

Der Freizeitkick auf Kunstrasen, dem ich unregelmäßig frönte, konnte auch nicht als Trainingseinheit gelten. Zum Einen der Unregelmäßigkeit wegen, zum Anderen aufgrund der laxen Grundeinstellung aller Beteiligten. Das Gebolze fiel in die Kategorie “nicht vergessen, wie ein Fußball aussieht”. Aber vielleicht war das Problem mit dem Freizeitkick auch ein psychologisches - er machte Spaß. Dabei weiß jeder, dass Training nie und unter gar keinen Umständen auch nur im Entferntesten Spaß machen darf, wenn es etwas bringen soll. Eine Verbesserung kann sich nur durch totale Verausgabung bis hin zur Selbstaufgabe einstellen. Nur eintönige, mechanisch über Stunden hinweg ausgeführte Übungen führen zu geschmeidigen Bewegungsabläufen und flüssigen Spielzügen. Nur wer Schmerz empfindet, kann den Triumph des Sieges voll auskosten. Oder so ähnlich.

Aufgrund solcher Gedanken erschien mir der Freizeitkick als ungeeignetes Trainingsformat. Es war nichts Zermürbendes, Selbstzerstörerisches oder Langweiliges daran. Damit musste etwas nicht stimmen. Das brachte mich auf die Idee meine vereinzelten Waldläufe in die Regelmäßigkeit zu überführen. Einigen Menschen macht das ja Spaß - stur irgendwo entlangrennen ohne Ziel nur um des Laufens willen. Entweder “an der frischen Luft”, wo es immer zu warm oder zu kalt und man allen Widrigkeiten des Wetters ausgesetzt ist. Oder auf dem Laufband im Fitnessstudio - dem Hamsterrad der Neuzeit. Zusammen mit anderen Fitnessfanatikern strampelt man sich auf der Stelle tretend im miefigen Körperkulttempel ab. Begafft wird man allerorten - im Fitnessstudio von den anderen Probanden und draußen von den normalen Menschen, die ihre Zeit für wichtigere Dinge benötigen als sinn- und ziellos herumzurennen.

Wer zwischen den Zeilen lesen kann, hat es vielleicht schon mitbekommen - Joggen ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, obwohl ich hier natürlich auch aus Spannungsgründen etwas dramatisiere. Trotz meiner Abneigung lief ich von Zeit zu Zeit ein Stückchen, weil ich alle anderen Arten der sportlichen Betätigung für mich ausschließen konnte.

Begünstigt wurde mein Entschluss zur regelmäßigen Lauferei durch mein neues Smartphone, auf dem ich eine der vielen Lauf-Apps installierte. Genau das Richtige für einen Zahlenfreund wie mich. Ich konnte sehen wo, wie lange, wann ich wie schnell gelaufen war. Das sorgte für einen kleinen Motivationsschub, der mich dazu brachte, tatsächlich öfter zu laufen. Mit den Zahlen im Blick hatte ich das Gefühl, dass das Umhergetrabe auch etwas bringen könnte - denn schließlich konnte ich anhand der sich stetig erhöhenden Durchschnittsgeschwindigkeit ablesen, dass sich eine Verbesserung einstellte. Innerhalb eines aus heutiger Sicht absurd kleinen Zeitfensters, hätte ich sogar, ohne rote Ohren zu bekommen, die Aussage treffen können: Ja ich “jogge” und es macht Spaß.

Das ging soweit, dass ich im Übermut unbekannte Wege einschlug, um meine Laufstrecke spontan zu verlängern: Gerade noch war ich an den letzten Häusern und einer Meute spielender Kinder vorbeigelaufen - nun stand ich bar jeder Orientierung mitten im Wald. Der Weg war immer schmaler geworden und nur noch ein Trampelpfad. Ich hatte mir vorgestellt, an einem mir bekannten Punkt wieder aus dem Wald herauszukommen, aber ich musste feststellen, dass hier gar nichts bekannt war. Den gleichen Weg wieder zurück zu juckeln, kam natürlich dennoch nicht in Frage - die persönliche Niederlage wäre zu groß gewesen. So irrte ich gut 30 Minuten mal mit mal ohne Weg so ungefähr in die Richtung von der ich dachte, sie könnte richtig sein.

Ohne an dieser Stelle übertreiben zu wollen - ein klein wenig Verzweiflung vermischt mit einer ordentlichen Portion Peinlichkeit stellte sich schon ein. Ich sah inzwischen vermutlich nicht mehr wie der locker-flockig vor sich hin hoppelnde Gute-Laune-Jogger aus, sondern eher wie ein ausgehungerter Waldschrat in dessen Wade sich ein Eichhörnchen verbissen, und der, sich von Käfern und Wurzeln ernährend, der Zivilisation abgeschworen hatte. Zumindest kam ich mir so vor.

Als ich den Wald verließ, fand ich mich in einem mir unbekannten Stadtteil wieder, aber zumindest ließ sich eine grobe Richtung erahnen, in die ich musste. Nach meiner fast 45-minütigen Odyssee vernahm ich wieder das Geschrei spielender Kinder. Das konnten sie sein! Und wenig später die Gewissheit. Ich war wieder am Ausgangspunkt meiner Laufstreckenoptimierungsmaßnahme. Ich würde also nicht im Wald übernachten und mich mit modrigem Laub zudecken müssen. Ich näherte mich der Kindergruppe und senkte meinen Blick. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie mir genau ansahen, was ich gerade gemacht hatte, obwohl sich natürlich keine Kleinnager in meiner Wade verbissen hatten. Woher wussten die das! Und woher wusste ich, dass sie es wussten. Das Geschrei verstummte und die Blicke saugten sich an mir fest. Ihr frechen kleinen Scheißer! Den Blick weiter nach unten beschleunigte ich meine Schritte, um möglichst schnell vorbeizukommen.

Dieses Erlebnis sensibilisierte mich zwar, was die spontane Änderung meiner Laustrecke anbetraf, rief aber keine posttraumatische Belastungsstörung hervor, sodass ich weiter meine Runden drehen konnte - mal morgens, mal abends. So spulte ich innerhalb kurzer Zeit mehrere Dutzend Kilometer ab und kam aus dem Muskelkater nicht mehr heraus. Ich lief immer irgendwas zwischen 3 und 5 Kilometern und versuchte, stetig schneller zu werden. Nun wird den Powerjoggern, Fitnesstrainern und sonstigen Experten unter den Lesern die geräucherte Makrele in den Kakao fallen. Sie werden fluchen, sich die Haare raufen und wutentbrannt schreien: Was ist das bitte für eine unkoordinierte Scheiße! Das ist doch kein Trainingsprogramm! Das ist strukturloser Firlefanz!

Dem kann ich natürlich vollumfänglich zustimmen. Ich hatte mich im Vorfeld meines Lauftrainings sehr wohl mit diversen Trainingsplänen, Ansätzen und Strategien zum “richtigen” Laufen auseinandergesetzt. Nur war ich nach der Lektüre der Ansicht, dass sich alle in gewisser Weise widersprachen und für meine Zwecke ungeeignet waren. Zeitlich war ich zu unflexibel, um mich an irgendwelche Pläne zu halten - außerdem waren die Ansätze meist langfristig angelegt und ich wollte schnell Erfolge bzw. ein besseres Gewissen. Ein sanfter Einstieg mit langsamer Steigerung, wie er oft propagiert wird, passte da gar nicht. Ich wollte Verausgabung und Atemnot! Und ich wollte sie jetzt! Denn nur das gab mir das Gefühl echten unangenehmen anstrengenden Trainings, das ich doch so dringend brauchte. Und so falsch konnte es ja nicht sein, einfach drauflos zu rennen - umbringen würde es mich schon nicht.

Rein psychologisch war das Laufen schon mal ein Erfolg. Ich hatte das Gefühl, etwas für meine Kondition zu tun und sie sukzessive zu verbessern. Vom Kopf her war ich schon in der Lage, die Außenlinie hoch und runter zu marschieren und dabei noch genug Luft für chirurgische Taklings und punktgenaue Flanken zu haben, die dann allesamt per Fallrückzieher im Dreiangel einschlagen würden. Oder so ähnlich. Ob sich das Training auch auf meine tatsächliche Physis ausgewirkt hatte, würde der nächste Spieltag zeigen. Ich war auf jeden Fall sehr gespannt auf das Zwischenergebnis und erhoffte mir eine spürbare Verbesserung.

Dienstag, 15. Oktober 2013

Blogstöckchen Länderspielpause - Taschkent, Gisdol, Laienschauspiel

Das Blogstöckchen kannte ich bis vor Kurzem noch nicht. Aus Erfurt wurde mir aber eben jenes zugeworfen und so werde auch ich mich den Fragen stellen - auch wenn sich dabei einige schockierende Abgründe auftun!   

Bislang bestes Spiel 2013/2014?
Schockierender Abgrund #1: Ich habe in dieser Saison bisher wahrscheinlich so wenige Fußballspiele wie nie gesehen. Zu Beginn ein bisschen 3. Liga, ein paar Zusammenfassungen aus der Bundesliga und etwas Champions League - aus unerklärlichen Gründen habe ich beide Auftritte der Schalker in der Königsklasse gesehen. Und so etwas schimpft sich Fußballblogger! Für die Beantwortung der Fragen steht mir daher nur ein begrenzter Vorrat an Spielen und Impressionen zur Verfügung.

Als bestes Spiel fällt mir spontan das Auswärtsspiel des Chemnitzer FC in Regensburg ein. Aus einem 0:1 machte der CFC noch innerhalb der ersten 45 Minuten ein 4:1 - Endstand 5:3. Rein unterhaltungstechnisch gab das Spiel sehr viel her - einen gedrehten Rückstand, viele Tore, aufkeimende Hoffnung nach Anschlusstreffern und unnötige Frustfouls für die Freunde der dunklen Seite des Spiels. Hinzu kommt die damalige Situation beim CFC - mit lediglich einem Punkt aus drei Spielen war der Aufstiegsaspirant nach Regensburg gereist. Der nach dem Sieg erhoffte Aufschwung blieb dann bekanntermaßen aus - nach dem Spiel fühlte es sich aber so an, als ob die Chemnitzer nun endlich den Bock umgestoßen hätten und in der Tabelle nach oben schauen könnten.

Absolutes Langweilerspiel 2013/2014?
In dieser Kategorie kann ich auf ein abseitiges Spiel verweisen, das ich zufälligerweise live verfolgte. Ein Spiel, das eigentlich gar kein Langweilerspiel hätte sein müssen - und dass, obwohl es sich um das WM-Quali-Relegationsrückspiel zwischen Jordanien und Usbekistan handelte. Richtiger müsste es heißen: WM-Quali-Relegationsplayoffrückspiel, denn der Sieger der beiden Partien darf in den WM-Playoffs gegen den 5. der Südamerikagruppe antreten. Die Partie in Jordanien ging 1:1 aus und im von Eurosport übertragenen Rückspiel stemmten sich die Außenseiter aus Jordanien gegen das Ausscheiden. Ein 1:1 trotzten sie den Usbeken auf deren Platz in Taschkent ab und es ging in die Verlängerung, die keine weiteren Tore brachte. Das Elfmeterschießen können die Jordanier dann tatsächlich mit 9:8 für sich entscheiden.

Wo bitte bleibt die Langeweile, fragt der geneigte Leser jetzt mit Recht (mal davon abgesehen, dass man sich zunächst für eine Begegnung der beiden Teams begeistern muss). Die Langeweile kam beim Eurosport-Zuschauer auf und das kam so: Die Übertragung des Spiels hatte sich zunächst durch einen Stromausfall in Taschkent verzögert. Die Schweißperlen standen der Eurosportcrew vermutlich schon auf der Stirn, als es in die Verlängerung ging. Gleich im Anschluss sollte doch ein deutsches U-Länderspiel übertragen werden. Bei diesem wiederum konnte man den Anstoß um 10 Minuten nach hinten verschieben und man legte sich darauf fest, die Entscheidung in Taschkent auszustrahlen.

Der Eurosportkommentator machte sich daran, vorsichtig Spannung aufzubauen, um dem Champions League-verwöhnten Mitteleuropäer, die Dramatik der Situation näherzubringen - eine Sensation dieses 1:1 der Jordanier gegen die favorisierten Usbeken! 210 Minuten waren in dem Krimi bereits gespielt und jetzt würde das 11m-Schießen die Entscheidung bringen. Für den Verlierer wäre der Traum von Brasilien vorbei, den Gewinner würde nur noch ein Schritt von der WM 2014 trennen. So oder so ähnlich wurde es dem Zuschauer vom Eurosportmann, dessen Namen ich leider nicht parat habe, immer wieder erklärt.

Ein ungewollter Spannungsabfall stellte sich ein, als ohne Vorwarnung die Übertragung abbrach. Das hochgejazzte 11m-Schießen, das, nebenbei erwähnt, wirklich spannend war, inkl. tragischem Helden, fand unter Ausschluss der (Eurosport)Öffentlichkeit statt. Während Usbeken und Jordanier die Playoff-Teilnahme ausfochten, durfte der Fernsehzuschauer blumige Bilder vom Beginn der Übertragung sehen. Die spannende Entscheidung erstarrte am Bildschirm zu einer lahmen Endlosschleife von Vorfreude erfüllter Usbeken. Das einzig unterhaltsame (wiederum für die Freunde der dunklen Seite des Spiels) waren die Verwünschungen und die Fassungslosigkeit des Eurosportkommentators, die in einem verbitterten "ich suche jetzt einen Live-Stream" gipfelten.           

Welcher Trainer ist mir angenehm positiv aufgefallen?
Trainer ist schon ein schwierigeres Thema. Wo mir bei den wenigen gesehenen Spielen die Auswahl relativ leicht fällt, fehlt mir der Überblick beim Trainerkarusell. Ohne das genau im Blick zu haben, ist mir Markus Gisdol positiv aufgefallen. Er hat aus Hoffenheim wieder das gemacht, was der Verein sein möchte: ein Klub im Mittelfeld der Liga, der ansehnlichen Fußball spielt und auch mal junge Spieler in seine Mannschaft einbaut.

Wie er in der ausgehenden Saison den Abstieg vermieden und für die aktuelle Saison ein neues Team aufgebaut hat, empfinde ich aus der Ferne als beeindruckend. Von einigen größeren Namen hat man sich verabschiedet und den bisher größten Umbruch in der Bundesliga-Zeit vollzogen. Das Erstaunliche ist, wie schnell Trainer Gisdol ein funktionierendes Team geformt hat.

Was ihn für mich außerdem zu einem sehr sympathischen Zeitgenossen macht - seine Aussagen gegenüber Medienvertretern. Das wirkt auf mich einfach authentisch. Zumindest ich erkenne da keine Metadiskussionen, kein Sprücheklopfen oder andere taktische Manöver.  

Welcher Trainer nicht?
Hier habe ich keinen speziellen Trainer im Visier, obwohl es dafür natürlich einschlägige Kandidaten gibt. Worauf ich hinaus will? Auf das immer mal wieder aufblitzende Benachteiligungsgejammer einiger Trainer "kleiner Klubs". Ich kann es einfach nicht mehr hören, dieses Gerede von der Übervorteilung der "Großen" und die damit einhergehende Rhetorik. 

Welcher mediale Hype hat zuletzt genervt?
Auch hier werde ich mich kurz halten. Genervt hat zuletzt, wie so oft, die Scripted Reality in Sachen Medienarbeit beim FC Bayern. Abwechselnd treten die Herren Rummenigge und Sammer vor die Presse um Statements abzugeben - und Herr Hoeneß traut sich inzwischen auch wieder aus der Deckung.

Das wirkt dann wie im RTL-Nachmittagsprogramm oder ein widerwilliges Rollenspiel aus dem Ethikunterricht. "Du gehst jetzt raus und schimpfst mal ein bisschen mit dem und dem," sagt einer zum anderen, "und dann komme ich und mache ein fieses Ablenkungsmanöver, sodass alle denken, 'der schon wieder'". So stelle ich mir das vor im stillen Kämmerlein beim FCB.

Statt Mario Götze, hätte es auch um den Justin gehen können, der über das Wochenende zu seiner von Opa Uli ungeliebten Freundin Jaqueline will - und das vor seiner wichtigen Prüfung. Opa Uli regt sich tierisch auf und würde das am liebsten verbieten, aber Stiefpapa Matti sieht das ganz anders... Aber ich steigere mich da in etwas hinein. Und das Schlimmste daran - der FC Bayern hätte dieses Laienschauspiel gar nicht nötig. Nicht auszudenken, was abgeht, wenn mal ein Spiel verloren wird.   

Meine Mannschaft hat bislang…
Schockierender Abgrund #2: Ich habe gar keine Mannschaft - kein Herzensteam, dessen Spiele ich regelmäßig verfolge. Das erklärt vielleicht auch Abgrund #1. Jetzt zu erklären, warum es da keine Mannschaft gibt, würde an dieser Stelle zu weit führen, deshalb lasse ich das jetzt einfach mal so stehen.

In der Länderspielpause werde habe ich…
...tatsächlich an Nationalmannschaftscontent gebastelt, der hoffentlich bald zur Veröffentlichung kommt.

Blogstöcken – das Prinzip:
Fragen kopieren, im eigenen Blog beantworten. Ob auf Zuwurf oder mit Aufheben des Stöckchens, entscheidet Ihr ganz alleine. Noch mehr Blogstöckchen gibt es u.a. beim Libero, beim rotebrauseblogger, beim ballsalat oder beim FCSBlog 2.0

Auch wenn die Zeit langsam knapp wird, versuche ich es nochmal mit der Weitergabe des Stöckchens - vielleicht hat ja der letzte Zehner Zeit und Muse, es aufzuheben.

Sonntag, 22. September 2013

Schön ist, was tschechisch ist

Eine meiner großen Sehnsüchte in Sachen Bloggerei, war es bis gerade eben, oben Stehendes einmal in einem sinnvollen Zusammenhang in einem Text zu verwenden. Vor Kurzem konnte ich mich bei einem Wochenendtrip nach Prag wieder davon überzeugen: Schön ist, was tschechisch ist!

Auf dem Programm stand dabei auch die Besteigung des Eiffelovka - einer Nachbildung des Pariser Eiffelturms. Nicht so groß wie das Original, macht der Prager Nachbau fehlende Höhenmeter durch seine Lage auf dem Petrinhügel wett. Nach kurzem Aufstieg kann man den Blick über die Stadt schweifen lassen und die Augen saugen sich zunächst an Burg, Karlsbrücke und Altstadt fest.

Schaut man sich aber mal etwas um, erblickt das Auge in kurzer Entfernung, ebenfalls auf dem Petrinhügel, eine riesige Betonschüssel - das Strahov-Stadion. Erbaut 1926 bietet es Platz für 220.000 Zuschauer, damit ist es das größte Stadion der Welt. Gedacht war es ursprünglich für die Großveranstaltungen der aus Böhmen und Mähren stammenden Sokol-Turnbewegung.

Bundesarchiv Bild 102-13621A, Prag, Stadion, Sokolfest

Später wurde es für Spartakiaden und Rockkonzerte genutzt und heute tragen Sparta Prags 2. Mannschaft und die Jugendmannschaften auf den acht Fußballfeldern im Inneren ihre Spiele aus. Da mir selbst jegliche Fähigkeiten in Sachen Fotografie abgehen, passt es wie die Faust aufs Auge, dass ich an dieser Stelle auf die neue OstDerby-Ausgabe verweisen kann.

Darin finden sich nämlich gleich zwei Fotostrecken aus der tschechischen Hauptstadt. Eine zeigt Bilder aus eben jenem Strahov-Stadion, die andere befasst sich mit den Stadien aller größeren Klubs in Prag.

Und wer jetzt mit erhobenem Zeigefinger wild gestikulierend von der nachmittäglichen Kaffeetafel bei Oma Kasuppke aufgesprungen ist, um die umhersitzenden Nichteingeweihten nach Lesen dieses Textes am mobilen Endgerät unvermittelt wissen zu lassen: "Pah! Das Strahov-Stadion ist beileibe nicht schön. Es handelt sich um eine monströse Betonschüssel ohne Daseinsberechtigung", dem trete ich entschieden entgegen und verweise darauf, das Schönheit ja wohl im Auge des Betrachters liegt und ich mich sehr wohl am ungewohnten Anblick dieses Betonklotzes von unglaublicher Größe erfreuen kann.    

Sonntag, 25. August 2013

Ablösegedanken

Noch wenige Tage ist es geöffnet, das ominöse Transferfenster. Einige dicke Brocken haben es bereits in Richtung Monaco, München oder Manchester passiert, weitere könnten in den verbleibenden Tagen noch folgen. Die Summen, die gezahlt werden, sind stattlich und erscheinen teils exorbitant hoch. Gefühlt gehen die Transfersummen im Vergleich zu früheren Jahren durch die Decke. Ob dem wirklich so ist, und, wenn ja, warum, versuche ich im folgenden herauszufinden.

Zunächst habe ich mir die Entwicklungen der Transfersummen der letzten 15 Jahre vorgenommen. Anhand der jeweils 20 größten Transfers habe ich die Transfervolumina verglichen:



Der Spitzenwert datiert tatsächlich aus der Saison 2001/2002. Das Volumen der 20 größten Transfers betrug mehr als 670 Mio. Euro. Und auch in der Saison 2000/2001 wurden bereits mehr als 540 Mio. Euro ausgegeben. Dieses außergewöhnliche Hoch lässt sich auf die Galaktikos aus Madrid zurückführen. 2000 war es Luis Figo der von Erzrivale Barcelona ins Bernabeu gelotst wurde und ein Jahr darauf begrüßte man Zinedine Zidane in Spaniens Hauptstadt.

Von 2002/2003 bis 2006/2007 sind die Ausgaben verglichen dazu relativ moderat. Ab 2007/2008 steigen sie dann aber deutlich an mit einem weiteren Zwischenhoch, wiederum verursacht durch Real Madrid, das sich die Dienste von Cristiano Ronaldo für beinahe 100 Mio. Euro sicherte. Sollte es in dieser Saison noch zu einem großen Transfer kommen, könnte der Rekord geknackt werden. 

Deutlich wird: seit Mitte des letzten Jahrzehnts sind die verglichenen Transfervolumina deutlich und dauerhaft gestiegen. Schaut man sich die einzelnen Vereine an, so ist auch eine Verschiebung der Transferströme erkennbar. Waren es in den ausgehenden 90ern und den frühen 00er-Jahren noch die italienischen Klubs, die am meisten ausgaben, so waren es ab Mitte der 00er die englischen Klubs, die ordentlich mitmischten und in jüngster Vergangenheit auch neue Akteure mit Koffern voller Geld aus Osteuropa oder Frankreich. Nicht zu vergessen die Bundesliga bzw. Dortmund und Bayern, die inzwischen auch für Großtransfers die Vereinsschatulle öffnen.

In meinem folgenden Erklärungsversuch möchte ich jetzt nicht im Detail auf neue Fernsehdeals in England oder einzelne Scheichs aus Katar eingehen sondern eher allgemeine Entwicklungen, die für die höheren Transfersummen verantwortlich sein können, beschreiben.

Mehr Moneten 

Fußball wird immer populärer. Mehr und mehr Menschen interessieren sich für das runde Leder und Wettbewerbe wie WM oder Champions League sind längst viel mehr als nur Sport - sie sind ein global wahrgenommenes mediales Event und werden auch so vermarktet. Bis in die letzten Winkel der Welt verkaufen die großen Klubs ihre Trikots. Fußballvereine sind globale Marken, deren Wert in die Milliarden gehen kann, auch weil der Sport so beliebt und bekannt ist wie nie. 

Fußball lässt sich besser verkaufen. Die TV-Einnahmen sind rapide gestiegen und für Investoren sind Fußballklubs mit ihren inzwischen immensen Umsätzen und ihrem Image als Geldanlage interessant. Kurzum: der Fußball wurde auf höchster Ebene in den vergangenen Jahren mit Geld überschwemmt. TV-Sender, Scheichs und potente Sponsoren, die vom Glanz des Sports profitieren möchten, machen es möglich.

Mehr Konkurrenz

Es ist eng geworden unter den Topklubs. Zumindest, was das Anspruchsdenken und die finanziellen Möglichkeiten angeht, hat sich die Zahl der Topklubs deutlich erhöht. Blickt man z.B. nach England so sind dort in der jüngeren Vergangenheit mit Manchester City und Chelsea zwei Vereine geschaffen worden, die es finanziell mit Manchester United aufnehmen können - selbst ein Klub wie Arsenal kommt an diesen neuen großen Drei nicht mehr vorbei. In Frankreich und Osteuropa sind in den vergangenen Jahren dank potenter Geldgeber innerhalb kurzer Zeit echte Schwergewichte entstanden - an PSG und Co. führt in der Champions League kein Weg mehr vorbei. Es konkurrieren also mehr Vereine, die mit mehr Geld denn je ausgestattet sind um die besten Spieler.

Human Resources

Weltklassespieler wachsen nicht auf Bäumen. Auch wenn das die Vereine mit ausgefeilter Jugendarbeit anstreben. Deren Erfolge stellen sich aber erst langfristig ein. Wer schnell nach oben möchte, muss sich ein Dreamteam zusammenkaufen. Die begrenzende Ressource ist dabei meist nicht die finanzielle sondern die personelle. Trotz noch so guter Ausbildung wird es immer Spieler mit besonderem Talent und außergewöhnlichen Fähigkeiten geben, deren Dienste sich am liebsten jeder der großen Vereine sichern möchte. Und wenn es um die Verpflichtung eines solchen Ausnahmekönners geht, spielt Geld keine Rolle mehr. 

Die Toptransfers sind in den vergangenen Jahren nicht signifikant jünger geworden, jedoch erzielen junge Spieler Anfang 20 höhere Transfererlöse. Das liegt natürlich auch daran, dass sie bereits in jungen Jahren auf sehr hohem Niveau agieren. Die Halbwertszeit eines Fußballprofis scheint indes kürzer zu werden. Spieler, die auf die 30 zugehen, gehören heute schon so langsam aber sicher zum alten Eisen. Das Zeitfenster um einen Weltklassespieler zu verpflichten, wird kleiner - wer heute ganz vorne ist, wird in 3 Jahren vielleicht schon von besser ausgebildeten neuen Sternen am Fußballhimmel überflügelt. Um einen Spieler auf dem Zenit seiner Karriere zu bekommen, gibt es nicht viele Chancen. Der Markt ist klein und die Nachfrage gewachsen.
Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass die Ablösesummen immer weiter steigen. Mehr Vereine mit ungeahnten finanziellen Möglichkeiten streiten um einen begrenzten Spielerpool. Absurd hoch erscheinen die gezahlten Summen für Außenstehende dennoch. Die Millionenbeträge wirken befremdlich, spiegeln aber den Marktwert der Profis innerhalb des mit Geld gefluteten Fußballgeschäfts wider. Bei allen Veränderungen am Transfermarkt kann man sich jedoch auf eine Konstante verlassen: Für die absoluten Rekordtransfers ist in erster Linie Real Madrid zuständig. Zum Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreiben, steht noch Gareth Bales Transfer zu den Königlichen im Raum. Sollte dieser bis Ende des Transferfensters über die Bühne gehen, wäre es wohl der Transferrekord dieses Sommers.


Dienstag, 20. August 2013

Fußball in Kabul

Fußball gespielt wird überall. Nicht nur in unseren Gefilden sondern auch, sagen wir mal, in Afghanistan. Und wer wissen möchte, wie es ist, dort in einem der größten Vereine des Landes Fußball zu spielen, dem sei das Tumblr Blog von Nick Pugliese empfohlen. 

Der junge Amerikaner ging eigentlich nach Kabul um dort „etwas Ordentliches“ zu arbeiten, was er zunächst auch tat. Doch schon bald spricht ihn der Ferozi FC an und möchte ihn für seine Profimannschaft verpflichten. Nach einigem Überlegen entschließt sich Nick für den Schritt ins Ungewisse, kündigt seinen Bürojob und spielt fortan professionell Fußball in Kabul.

Seine Fotos, Videos und Texte beschreiben Leben, Land, Leute und Fußball in Afghanistans Hauptstadt. Wer dabei hochobjektive journalistische Echtzeitberichterstattung erwartet, der wird enttäuscht - alle anderen werfen einen Blick in Nicks Tumblr Blog (falls sie es noch nicht kennen):

Mittwoch, 31. Juli 2013

Europapokalvorschau VI - Hochstapeln

Es gibt keine Kleinen mehr und der Pokal schreibt seine eigenen Gesetze!

Das sei hier nur vorangestellt, um es auch dem letzen Optimisten verständlich zu machen - die Europa League-Quali gegen den bulgarischen Vertreter aus Plowdiw wird kein Selbstläufer. Eine kompakte und erfolgshungrige, ja gierige, Truppe erwartet den VfB in Burgas.

Der 2-fache, in Worten "zwei-fache", bulgarische Meister, der die letzten 3 Partien gewonnen und bisher souverän Teams aus Kasachstan und Bosnien-Herzegowina in der EL abgefertigt hat, bittet zum Tanz.

Der "Gigant aus den Rhodopen" weiß erfahrene Bundesligastars wie Valeri Domovchiyski und zwei Zauberer vom Zuckerhut in seinen Reihen - sogar ein waschechter Romario findet sich im Sturm.

Die vielen Ausfälle auf Seiten des VfB machen es Bruno Labbadia nicht gerade leichter, eine schlagkräftige Mannschaft aufzustellen, die den Bulgaren die Stirn bieten kann.

Zur Einstimmung auf dieses Duell auf Augenhöhe habe ich eine Infografik mit den wichtigsten Facts zum Gegner der Stuttgarter zusammengestellt. Dem VfB könnte ein echtes Stahlbad auf europäischer Fußballbühne bevorstehen:



Montag, 15. Juli 2013

Glut - Ein Jahr im Kreis #4

An Spieltag 1 der neuen Saison erwartete uns gleich ein Kracher - der Absteiger gastierte in unserer Arena. Dessen Team war eigentlich mal eines der stärksten der Kreisliga gewesen - das kleine Dorf hatte eine schlagkräftige, eingeschworene Mannschaft beisammen. Regelmäßig wurde um den Titel mitgespielt, junge Spieler hatte man auch in der Hinterhand und mit viel Einsatz und Kampfkraft wurden die Spiele gewonnen. In grauer Vorzeit hatten wir immer schon arg mit der zweiten Vertretung zu kämpfen gehabt, die in unserer Liga oben mitmischte. Ganz unangenehme Partien waren das. Der Verein verließ sich vor allem auf Spieler aus dem eigenen Dorf. Und auch als einige Leistungsträger die Mannschaft verließen, blieb man bei dieser Strategie - die Personaldecke wurde dünner und fußballerische Qualität ließ nach. Aus dem Titelanwärter wurde über die Jahre hinweg ein Mittelfeldteam, aus dem Mittelfeldteam ein Abstiegskandidat. In der Vorsaison stieg man dann schließlich sang- und klanglos ab und fand sich nun erstmals in der untersten Spielklasse wieder. Die zweite Mannschaft war zu diesem Zeitpunkt schon aufgelöst. Auch wenn mit dem Verein nicht mehr so viel los war, für uns würde es allemal reichen.

Hinzu kam, dass eine nicht unerhebliche Rivalität zwischen den beiden Mannschaften besteht, die eher vom Gegner als von uns ausging. Ich habe bis heute nicht ergründen können, wieso man immer so besonders motiviert war, wenn es gegen eine unserer Vertretungen ging. Hinzu kam außerdem, das ich aus A-Jugend-Zeiten viele der Gegenspieler kannte. Aus Personalgründen hatte man weiland eine SpielZweckgemeinschaft gegründet, um sonntags morgens nach durchzechter Nacht mit 50 Kilometern Anfahrt Auswärtsspiele in der Bezirksklasse bestreiten zu dürfen. Grauenvolle Erinnerungen an das frühe Aufstehen, die ewige Fahrerei und das verkaterte Gestolper sind bei mir noch immer mehr als präsent. Argwöhnisch betrachtete man die Brut aus dem Nachbardorf und spielte den Ball, wenn man die Wahl hatte, lieber zu einem “bekannten” Mitspieler. Hinzu kam ferner unsere ausgesprochene Uneingespieltheit und meine unausgegorene physische Vorbereitung gepaart mit tropischen Temperaturen und einem mittäglichen Anstoß. Muss ich noch erwähnen, dass ich mich innerlich auf eine üble Klatsche einstellte?

Aber die eigentlichen Probleme begannen schon viel früher. Stichwort Anreise. Wie erwähnt, wohne und arbeite ich auswärts. Da ist man aufs Auto angewiesen. Genau dieses versagte aber den Dienst. Am Nachmittag vor dem Saisonauftakt befand ich mich bereits auf der Autobahn, als mir beim Überholen ein anderer Autofahrer signalisierte, dass wohl etwas nicht stimmte. Ich spitzte die Ohren und kontrollierte Seiten- und Rückspiegel. Nichts zu sehen. Zu hören war aber ein unschönes Geräusch, dass ich nicht näher zuordnen konnte. Innere Unruhe machte sich breit. Ich wurde langsamer. So ziemlich jeder Autofahrer gab mir nun beim Überholen mit verschiedensten Gesten zu verstehen, dass da etwas im Argen lag. Musste also eindeutig aussehen. Ich traf für mich die Entscheidung, die Autobahn bei der nächsten Abfahrt vorsichtig zu verlassen und dann nachzuschauen, was los war. Dem wilden Gefuchtel der mich Überholenden nach zu urteilen, wäre eine Vollbremsung auf der linken Spur oder ein Sprung aus dem fahrenden Wagen angebrachter gewesen.

Ich stellte mein Auto ab und begann meinen Rundgang. Hinten angekommen sah ich den Quell des Übels. Mein Endschalldämpfer hatte sich gelöst und neuerdings direkten Fahrbahnkontakt. Das musste in der Tat spektakulär ausgesehen haben bei Tempo 120. Ich rief in meiner Unwissenheit den Pannendienst, der schon bald darauf anrückte, das lose herumbaumelnde Endstück entfernte und mir sagte, dass ich erstmal so weiter fahren konnte - weite Strecken allerdings meiden sollte. Da mein Auto nur geringfügig jünger als ich war, entschloss ich mich in der Folgezeit, diese, wie auch andere Reparaturen, einfach auszusitzen. Das Auto stand mir damit nicht mehr für Anfahrten zu Fußballspielen zur Verfügung. Insbesondere nicht für das tags darauf stattfindende Spiel gegen den Absteiger.

Die Panne war eine mittlere Katastrophe. Als Verkehrsmittel stand nun nur noch der Zug zur Verfügung. Die längere Anreise und die lichten Fahrpläne würden es nicht leichter machen, die Termine am Wochenende einzutakten. Für das anstehende erste Spiel nahm ich am nächsten Morgen den Zug, um 45 Minuten vor dem Spiel auf dem Bahnhof anzukommen, dort abgeholt zu werden und 60 Minuten nach Spielende schon wieder im Zug zu sitzen. Auf diese logistisch-organisatorische Komponente und die hochgradig langweilige Zugfahrt hätte ich gerne verzichtet.

Ich kam also kurz vor knapp auf dem Sportplatz an, wo sich die Mitspieler schon umgezogen hatten. Schnell die Spielkleidung übergestreift und dann zum Aufwärmen auf den Platz. In unseren Reihen war auch ein Spieler, den ich noch nicht kannte. Handelte es sich um einen verkappten U-19-Nationalspieler. Vom Auftreten her anscheinend schon, denn der neue Sportsfreund hielt es nicht für nötig sich mir vorzustellen. Vielen Dank.

Der Anpfiff war für 13 Uhr terminiert und die Sonne brannte gnadenlos herunter. Trotz wohldosiertem Aufwärmprogramm, schwitzten wir bereits jetzt wie nichts Gutes. Das würde wohl kein schöner Nachmittag werden. Während der kurzen Besprechung vor dem Spiel wurde nicht viel gesprochen - es wird ernst. Ich spielte, eigentlich wie immer, linken Verteidiger. Als Linksfuß war ich dort immer gut aufgehoben und konnte verhältnismäßig wenig Schaden anrichten.

In der Ferne sahen wir den Schiedsrichter aus dem Kabinentrakt kommen. Gleich wird er pfeifen. Die Mannschaften stellen sich auf. In den Reihen des Gegners sind einige bekannte Gesichter, man begrüßt sich. Dann folgt das Einlaufen und man nimmt Aufstellung an der Mittelinie. Beide Mannschaften begrüßen mit gekonntem Winken die handvoll Zuschauer und die umstehenden Bäume und Büsche. Anpfiff.

Unsere Gegner lassen es zunächst ruhig angehen und sorgen nicht für große Torgefahr - auch sie haben mit der Hitze zu kämpfen. Aus unseren Reihen entspringt nach wenigen Minuten ein ungewohnt sehenswerter Angriff - der Ball läuft schnell durchs Mittelfeld, ein ordentlicher Schuss und wir führen. 1:0 gegen den Favoriten, nach nur 10 Minuten. Unser Jubel hält sich in Grenzen. Die Hitze, der starke Gegner - was bedeutet da ein solcher Führungstreffer nach 10 Minuten? Ich stellte mich darauf ein, dass wir unseren Gegner damit aus der Reserve gelockt hatten und nun Angriff auf Angriff auf uns zurollen würde.

Aber nichts der Gleichen passierte. Das Spiel plätscherte weiter vor sich hin. Und doch kassierten wir den Ausgleich. Muss man erwähnen, dass es sich um einen kapitalen Torwartfehler handelte. Auf Torwartfehler zu spekulieren ist eines der effektivsten taktischen Mittel in den Niederungen des Amateurfußballs. Schon vor dem Spiel wird ganz genau geschaut, wer auf der anderen Seite zwischen den Pfosten steht. Es wird eine grobe Einordnung getroffen und meistens lohnt es sich, von wo auch immer zu schießen. Beliebt sind auch weite Bälle über die Verteidigung, die den Torwart vor die Wahl stellen sein Tor zu verlassen oder eben nicht. Natürlich passieren Torhütern Fehlern, vor allem auf diesem Niveau. Und oft genug halten sie auch Bälle, die du eigentlich schon im Tor gesehen hast. Aber dieses Gegentor war schon mehr als ein Ausrutscher. Wie sonst könnte eine unmotivierte Flanke von der Mittellinie im Tor landen. Eine Flanke, die kein Gegner erreichen konnte. Unser Torwart verlässt seinen Kasten um den Ball mit der Mütze abzufangen, dieser springt nun aber entgegen allen Regeln der Physik vor ihm auf, und man ahnt es bereits, über ihn hinweg und bollert in unser verwaistes Tor. Slapstick. Aber niemand lacht. Auch der Gegner nicht. Zu oft hat man schon ähnliche Tore gesehen und nur zu oft war man selbst der Leidtragende.

Die schöne Führung nach 30 Minuten durch eine dumme Aktion dahin, die Hitze drückt, der Gegner nicht. Das Zusammenspiel in der Abwehr mit dem gerade 18 Jahre alten Stopper funktioniert zwar nicht besonders gut, aber es ist immer ein Bein dazwischen und die Gegner können in Schach gehalten werden - sie scheinen auch nicht den besten Tag erwischt zu haben.

Die zwei Spitzen des Gegners weichen mir immer wieder aus. Der Trainer der anderen Mannschaft kennt mich. Er war es, der damals auch die Zweckgemeinschaft betreute. Dennoch kann ich mir keinen Reim darauf machen, wieso die Stürmer die Außenpositionen nicht besetzen. Ob man beim Vorstopper und im defensiven Mittelfeld Schwächen ausgemacht hat oder dahinter einfach nur Unordnung steht - ich weiß es nicht. Was ich mir aber in keinem Fall vorstellen kann, ist, das mein Ex-Trainer mich als nicht zu überwindendes Ein-Mann-Abwehrbollwerk einschätzt. Unsere Spieler in der zentralen Defensive sind zwar schon etwas älter, aber sehr schwer zu knacken.
Ich nutze meinen Freiraum und schalte mich mit beschränktem Erfolg in die Angriffe ein. Ein paar Mal kann ich außen durchlaufen oder zum Mittelfeldmann vor mir aufrücken und suboptimale Flanken schlagen - in Anbetracht von Wetter, Gegner und Saisonzeitpunkt eigentlich ganz gut. Das gilt auch für unser zentrales Mittelfeld. Immer wieder wurschteln wir uns vors Tor des Gegners und nach einem tumben Foul bekommen wir einen Elfmeter und können in Führung gehen. Die kann bis zur Halbzeit mehr oder weniger ungefährdet gehalten werden. Dafür, dass man hier gegen den Kreisligaabsteiger spielt, das ist ganz wichtig und muss immer wieder betont werden - ganz gut.

Pause. Wir verkriechen uns in den Schatten und wissen nicht so richtig, wie weiter. So harmlos hatten wir uns den Gegner nicht vorgestellt. Schwächer werden sie in Halbzeit 2 bestimmt nicht spielen und die Hitze wird ihr Übriges tun. Alle in der Mannschaft, die schon etwas länger dabei sind, wissen, dass hier noch gar nichts gewonnen ist. Beim Gegner wird gewechselt. Ein alter Bekannter betritt den Platz. Auch mit ihm habe ich in der A-Jugend zusammengespielt. Ich war früher immer froh gewesen, dass er in meiner Mannschaft war und noch viel froher war ich gewesen, ihm niemals auf einem Schulhof begegnet zu sein - ein athletischer groß gewachsener Fiesling, der passabel Fußball spielen konnte. Auf dem Platz bearbeitete er meine Seite und man merkte sofort, dass ein Ruck durch das andere Team ging. Er übernahm das Kommando. Unser Gegner lief jetzt den einen Schritt mehr und vorbei war es mit der soliden Abwehrarbeit - beim 2:2 glich die Abwehrreihe dem berühmt berüchtigten Hühnerhaufen.

Auf meiner Seite war jetzt ordentlich Betrieb. Zuerst geht meinem Vordermann die Puste aus - er bleibt jetzt selbst bei eigenem Ballbesitz auf Höhe des letzten Mannes zurück. Auch meine Kondition geht zu Ende und so entstehen auf immer wieder Überzahlsituationen - und immer beteiligt - der Fiesling. Das 3:2 fällt trotzdem unglücklich - man könnte gar von einem weiteren Torwartfehler reden, aber lassen wir das. Entlastungsangriffe unsererseits sind jetzt Fehlanzeige, das Mittelfeld funktioniert nicht mehr und der Gegner kann schalten und walten wie er will. Unsere Abstöße werden nur noch panisch nach vorne gebolzt und kommen postwendend wieder zurück. Wir kassieren das 4:2 und wollen nun nur noch nach das Spiel ordentlich zu Ende bringen.

Einen letzten Lichtblick gibt es noch als unser U-19-Stopper einen verzweifelten Befreiungsschlag aus kurzer Entfernung genau dort bei einem Gegenspieler (leider nicht Fiesling) einschlagen lässt, wo es besonders wehtut: “Ihr nehmt zwar die Punkte mit, aber dafür müsst ihr mit Schmerzen bezahlen”. Oder so.

Abpfiff. Erschöpfung. Trotz Halbzeitführung und ordentlichen 45 Minuten ohne Chance. Eine akzeptable Leistung mit unglücklicher Dramaturgie. Eine Niederlage mit weggeschenkter Führung tut schon ein bisschen weh. Halb so wild - war eh der Absteiger, endlich Ende. Schnell was trinken und dann zum Bahnhof.


Dienstag, 9. Juli 2013

Unvorbereitung - Ein Jahr im Kreis #3

Eigentlich war ich als Kind/Jugendlicher gar nicht so unsportlich. Ok, alles was mit meinen Händen zu tun hatte - irgendwas werfen, Geräteturnen, Volleyball waren nicht meine Stärke. Aber mit den Beinen! Na gut, Springen war auch nicht mein Ding. Aber zumindest war ich ein schneller und ausdauernder Läufer. Das kam mir beim Fussballspielen natürlich sehr zu Gute.

Aufgrund fehlender sportlicher Betätigung ließ meine Kondition im Teenageralter alsbald nach und als ich in die große Stadt zog, meinen Bürojob antrat und ausschließlich per ÖPNV verkehrte, ging meine Kondition gegen Null. Nach einem einzigen Sprint war zu dieser Zeit Schluss und mir wurde schwindelig, bei läppischen Freizeitkicks blieb mir sofort die Puste weg.

Besserung stellte sich mit dem Kauf eines Fahrrads ein, mit dem ich fortan nicht ganz regelmäßig meinen Arbeitsweg meisterte. Hinzu kam der wöchentliche Freizeitkick und unregelmäßige Waldläufe (immer wenn ich es in einer Woche zweimal “tue”, nehme ich mir vor dranzubleiben, aber irgendwie kommt immer was dazwischen - ungünstige Wetterverhältnisse, weitere Ausreden hier einfügen). Das Alles hat dazu geführt, dass sich meine Kondition auf niedrigem Niveau stabilisiert hat. Ich bin nicht wirklich zufrieden, aber zumindest blamiere ich mich nicht, weil ich nach Luft hechelnd in den ersten 15 Minuten zusammenbreche.

Eine umfangreiche Vorbereitung wäre deshalb besonders wichtig für mich. Wäre. Praktisch fiel meine Saisonvorbereitung wie folgt aus: Beginn - Mittwoch vorm ersten Spieltag 19:30 Uhr, Abschluss Mittwoch vorm ersten Spieltag 21 Uhr. Das war’s. Nicht mehr als der übliche Freizeitkick. 1 1/2 Stunden mit ein paar Freizeitsportlern auf dem Kleinfeld kicken - muss reichen.

Wenigstens habe ich ETWAS gemacht, mehr als sonst, überdurchschnittlich sozusagen, besser als Nichts. Typisch. Und mehr als viele meiner Mitspieler.

Denn an gemeinsames regelmäßiges Training ist kaum zu denken, wenn ein Großteil der Mannschaft unter der Woche arbeitend und studierend über Deutschland verstreut ist. Mit den verbliebenen 4 Spielern lässt es sich schlecht trainieren und beim Training mit der 1. Mannschaft sieht man als Spieler aus der 2. nie besonders vorteilhaft aus. Da bleibt man dann aus Gründen der Faulheit lieber zu Hause und bereitet sich mental vor - ist ja auch wichtig. Vor jeder neuen Saison mache ich mir Gedanken, was denn nun in diesem Jahr besser werden soll.

Meine großen Probleme lassen sich relativ klar umreißen: fehlende Kondition (obwohl ich dafür eigentlich die Voraussetzungen mitbringe), fehlende Spielpraxis und irgendwie, naja wie soll ich sagen, Durchsetzungsvermögen oder eine zupackende Art - irgendwie war mir das abhanden gekommen. Wenn ich auf dem Platz stehe, bin ich eher unsicher als siegessicher und neige zu sogenannter Fickrigkeit. D.h. in der Praxis, dass der Ball manchmal überhastet weggeschenkt wird, obwohl ich doch dank jahrelangem Training in der Lage sein sollte, auf 3 Meter einen Pass zu spielen. Vielleicht denke ich auch einfach zu viel auf dem Platz. Aber wie so oft sollte in diesem Jahr alles anders werden und eine ordentliche Kondition würde die Grundlage bilden. Die körperliche Überlegenheit - so meine Theorie - würde auch für mehr geistige Frische sorgen. Wie meine knallharte Vorbereitung dann in der Praxis lief, beschrieb ich ja bereits.

Also kein Konditionsgebolze bei endlosen Waldläufen und Sprintübungen. Keine einstudierten Spielzüge, Standards oder ein eingespieltes Team. Denn Testspiele im unteren Amateurbereich so wie ich sie kenne, gehorchen besonderen Gesetzen - niemand würde wegen eines Testspiels vorzeitig seinen Urlaub abbrechen. Dementsprechend ist die Beteiligung. Wenn überhaupt eine Mannschaft zusammenkommt, dann nur, weil längst ausgemusterte Spieler reaktiviert werden. Auf dem Platz steht man dann mit Männern jenseits der 40 und bekommt in der Mittagshitze eine ordentliche Abreibung. Es gibt Schöneres und Sinnvolleres. Wer hingeht, ist der Dumme. Deshalb wurde unser einziges Testspiel vor der Saison folgerichtig abgesagt. Und so geht das eigentlich in jedem Jahr. Vorsichtig wird ein einziges Spiel angesetzt, dass letztendlich doch abgesagt wird. Hat man selbst 11 Spieler beisammen, sagt der Gegner ab. Und Aufbaugegner sucht man in den Niederungen der Kreisklasse sowieso vergeblich.

Vor einer jeden Saison blüht dann am ersten Spieltag in der Kabine der gleiche Flachs: Die Mannschaft muss sich unter Wettkampfbedingungen finden. Es muss zusammenwachsen, was nicht so ganz zusammengehört. Teamdynamische Synergien können sich nur entwickeln, wenn “scharf” gespielt wird. Nur in Grenzsituationen, wenn das Team voll gefordert wird, kann die Mannschaft auf ein neues Level gelangen.
So oder so ähnlich geht das dann vorm Spiel. Und jeder weiß, dass es Quatsch ist und der einigermaßen eingespielte Gegner einen in ein paar Minuten eines Besseren belehren wird.

Sonntag, 7. Juli 2013

In eigener Sache - das Auf und Ab der Ostvereine


Kurzer Hinweis in eigener Sache. Drüben bei OstDerby gibt es eine kleine Visualisierung des großen Auf und Ab der Ostvereine in der jüngeren Vergangenheit zu sehen - es sind also alle herzlich eingeladen einen Blick darauf zu werfen und an den Filtern herumzuspielen.

Unser Ziel ist es, das Ganze mit weiteren Daten anzureichern, wie z.B. bester Torschütze, Zuschauerschnitt, Platzierung usw. Wer also Datennarr und Fan eines Ostvereins ist - wir freuen uns auf Unterstützung.

Dienstag, 28. Mai 2013

Aufreger, und wie man damit umgeht - für weniger Nörgelei

Feindbild vieler Nörgler
Béla Réthy - Wikimedia Commons
Was war der größte Aufreger des über die Bühne gegangenen Champions League Finals in Wembley. Wenn ich in mich hineinhorche, kommt mir Einiges in den Sinn: die Rettungstat von Subotic, die versteckten Tätlichkeiten von Ribery und Lewandowski und natürlich das spielentscheidende Tor in letzter Minute.

Horcht man in die Weiten des Internets so kommt man zu dem Schluss, dass der größte Aufreger ein ganz anderer war - die stümperhafte, phrasendreschende Darbietung des Béla R. als Kommentator für das ZDF. Zwar hat ihm die Kommentierung des Spiels viel Lob eingebracht, aber auch die ewigen Nörgler waren allgegenwärtig und die Medien nehmen den Ball gern auf und haufen drauf auf Réthy, Reif und Co. Jeder Schuss ein Treffer und Wasser auf die Mühlen der Entrechteten, deren Ohren von dem nicht enden wollenden "Gesabbel" aus dem Off anscheinend arg malträtiert werden.

Ich lege an dieser Stelle ein Geständnis ab: Auch mir entweichen von Zeit zu Zeit Unmutsbekundungen ob des nicht immer passenden Kommentars bei Fußballspielen. Früher öfter, heute seltener. "Was redet er denn da?", denke ich mir manchmal und schäme mich ein bisschen fremd wegen des Gesagten. 

Im nächsten Moment wende ich aber eine der effektivsten Kulturtechniken überhaupt an - ich gehe darüber hinweg. Schließlich ist der Kommentar nur Beiwerk, heiße Luft, die in guten Augenblicken, das Gesehene einordnet oder zusätzliche Informationen liefert, jedoch in schlechten Momenten einfach ignoriert werden kann. So handhabe ich das zumindest. Meine Zeit ist mir zu schade, um mich über Halbsätze aus der Sprecherkabine aufzuregen.

Dem notorischen Nörgler nicht! Es ist ihm eine Herzensangelegenheit jedwede sprachliche Entgleisung zu dokumentieren und zu kommentieren. Jeder Fehler muss aufgedeckt, angeprangert und besprochen werden. Ohne ordentlichen Kommentar könne man das Spiel nicht verfolgen und gegen diesen Missstand muss mit Pedanterie angekämpft werden. Die Nörgler sind nur eine kleine Gruppe, aber sie verschaffen sich Gehör. Es wird so lange getrollt, bis auch in der entlegensten Ecke des Internets ihre Botschaft widerhallt.        

Den Nörglern muss meiner Meinung nach entgegengetreten werden. Ein schöne Aktion Pro-Kommentator ist die Dokumentation des kompletten Kommentars des CL-Finals. Der Live-Kommentar wird zur Kunstform erhoben und als eBook veröffentlicht. Die Nörgler mögen sich jetzt darauf stürzen und den kompletten Kommentar sezieren - ich hoffe dabei wird Einigen klar, wie hochgradig nutzlos ihre Nörgelei ist. Während sie sich an Minute 28 des CL-Finals abarbeiten, dreht sich die Fußballwelt weiter und niemanden interessiert mehr, was Béla Réthy am letzten Samstag gesagt hat. 

Sie sind ein notorischer Nörgler und möchten endlich wieder in Ruhe Fußball schauen? Dann habe ich ein paar Tipps:
  1. Den Sender wechseln - Fußballspiele werden ab und an auf mehreren Kanälen übertragen - schauen sie doch einfach mal, ob ein anderer Sender einen für sie geeigneten Kommentator am Start hat?
  2. Marcel-ist-reif.de bietet eine Vielzahl von alternativen Kommentaren - vielleicht sagt ihnen ja einer zu?
  3. Stellen sie den Ton während der Übertragung ab und kommentieren sie selbst - laden sie ihre Nörgelfreunde ein und lassen sie sich von ihnen bewerten. Wechseln sie sich reihum mit dem Kommentieren ab. Diese gruppentherapeutische Maßnahme bringt schnelle Erfolge und wird von den meisten Krankenkassen mit einem Kasten Bier subventioniert. 
  4. Sie können einfach nicht vom Nörgeln lassen - dann behelligen sie nicht weiter unbeteiligte Mitmenschen und bleiben unter sich - am besten sie erstellen ein anonymes Forum in der letzten Ecke des Darknet.
  5. Der Königsweg - gehen sie darüber hinweg.

Weitere Tipps natürlich gern in den Kommentaren.
  

Freitag, 24. Mai 2013

Unumkehrbare Entwicklungen

In den letzten Wochen und Monaten ist es hier etwas ruhiger geworden. Nicht, das ich vorher ein Powerblogger gewesen wäre, aber momentan geht zwischen den Beiträgen einige Zeit ins Land.

Für die leichte Vernachlässigung dieses Blogs habe ich aber eine angemessene Ausrede. Im Februar freute ich mich über den neuen Stern am Fußballmagazinhimmel - OstDerby. In einer Rezension lobte ich das Heft über den grünen Klee. Nach etwas Überlegung war mein Entschluss gefasst: Ich wollte mittun bei diesem Magazin und sprach die Macher an, die sich wohlwollend zeigten. Seitdem fließt ein Teil meiner Zeit in das OstDerby-Magazin (und nicht mehr in dieses Blog). Ich stelle hier und da etwas online und durfte zur aktuellen Ausgabe einen Artikel beisteuern.

Das Blog an dieser Stelle werde ich auf jeden Fall weiter betreiben. Es liegen noch eine ganze Reihe von Textentwürfen und Ideen in der Schublade, die darauf warten, veröffentlicht zu werden.

Aber nochmal kurz zur neuen Ausgabe des OstDerby-Magazins, für das ich natürlich kurz die Werbetrommel rühren möchte. Wer sich einen Überblick über den Inhalt verschaffen möchte, dem wird hier geholfen.

In meinem Beitrag beleuchte ich die Pläne zu einer Ligareform in Osteuropa, bei der die Zusammenlegung der russischen und ukrainischen Liga im Raum steht. In erster Linie geht es dabei natürlich ums liebe Geld und die Wettbewerbsfähigkeit der Topklubs. Gestützt wird das Vorhaben von Gazprom, die, wie es der Zufall will, auch als Sponsor der UEFA auftreten. Die UEFA wiederum wäre es, die die Teilnehmer aus einer multinationalen Liga in ihren Wettbewerben dulden müsste. In meinem Text versuche ich, das Für und Wider sowie die verschiedenen Interessen zu erklären.

Bei meiner persönlichen Meinung zu den Reformplänen bin ich gespalten: Einerseits wäre das ein weiterer Schritt in Richtung Kommerzialisierung und Globalisierung des Sports. Ligen, die gewissermaßen fusionieren um noch mehr Umsatz zu erwirtschaften und eine stärkere Position am Fußballmarkt zu bekommen - genau so wie es die großen Unternehmen täglich in der Wirtschaft vormachen. Ein paar kleinere Vereine bleiben auf der Strecke und ein paar wenige große Klubs verschaffen sich eine bessere Ausgangsposition. Die nationale Identität und ein Stück Fußballtradition wird aufgegeben für größere Werbeeinnahmen und lukrativere Sponsoren.

Andererseits ist es vermutlich müßig, solche Reformpläne noch zu verteufeln. Die Kommerzialisierung des Fußballs ist längst vollzogen. Fußballvereine sind bereits Wirtschaftsunternehmen. Sie sind mancherorts beliebte Spekulationsobjekte mit Glamourfaktor, die von einem Investor zum nächsten weitergereicht werden und den Launen ihrer Geldgeber unterliegen. Wenn der Geldhahn zugedreht wird und die Geldgeber weiterziehen, folgt meist auch der sportliche Abstieg. Denn Nachhaltigkeit und gesundes Wachstum stehen schnellen Erfolgen im Weg. Diese Entwicklungen kann man bei einigen Vereinen in Europa beobachten. In kürzester Zeit werden aus durchschnittlichen Vereinen Champions League-Teilnehmer.

Die russisch-ukrainische Ligareform ist in diesem Zusammenhang ein Versuch, mit den Großen mitzuhalten und ein logischer Schritt, wenn man den Fußball auf Topniveau als Wirtschaftszweig betrachtet. Vermutlich ist sie auch nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte. Wie oft schon hat man die Vertreter der westeuropäischen Vereine von einer europaweiten Superliga schwärmen hören - noch mehr Sponsoren, mehr Umsätze und keine Spiele mehr gegen Augsburg, Wigan und Konsorten.

In diese Richtung wird die Reise gehen - ob man sich nun darüber aufregt oder nicht. Die Macht der nationalen Verbände und der UEFA ist begrenzt. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln lässt sich das Milliardengeschäft Fußball einfach nicht regulieren. Die echten Fans haben auch kaum mehr Einfluss auf die Vereine. Vorbei die Zeiten in denen die Klubs auf die Zuschauereinnahmen des harten Kerns angewiesen waren. Heute sind diese Leute nur noch hübsches Beiwerk im Fußballzirkus und werden als unterstützendes emotionales Element für das "Erlebnis Fußball" im Stadion geduldet - wenn sie nicht aufmucken. Viel wichtiger als die 40.000 im Stadion, sind die, die am Fernseher zuschauen - ganz egal wo auf der Welt, denn eine globale Marke lässt sich teurer verkaufen als ein regional verwurzelter Klub.

Ich schimpfe deshalb nicht über die Reformpläne in Osteuropa und sehe sie als Teil dieser Entwicklungen an, die sich weder aufhalten noch rückgängig machen lassen. Wer sich die besten Fußballer anschauen möchte, der wird wohl mit Kommerz und Globalisierung leben müssen. Ich für meinen Teil kann mich dennoch an Passstafetten, Dribblings und Toren in der Bundesliga, der Champions League und andernorts erfreuen.

Wer sich holprigen Rasen und regional verankerte Vereine zurückwünscht, der wird sich wohl oder übel ein paar Ligen tiefer umsehen müssen. Auch mir gefällt es, vom Eventcharakter größtenteils befreiten Fußball unterer Ligen zu sehen. Dessen speziellen Charme sucht man im modernen Hochleistungsfußball natürlich vergebens.



Donnerstag, 2. Mai 2013

Vier Vorschläge wider die Bedeutungslosigkeit

Noch drei Spieltage zu gehen. Bayern ist Meister, Dortmund dahinter, Europapokal und Relegation werden noch ausgekungelt. Ansonsten herrscht schon so ein bisschen Sommerstimmung. Zwar versuchen Medien und Vereinsverantwortliche die Spannung hoch zu halten, aber der Großteil der Fußballinteressierten fiebert auf das Wembley Kraut Final (mein Beitrag zur ZDF-Namenssuche) hin - behaupte ich jetzt einfach mal. Also was tun gegen die Eintönigkeit der letzten Spieltage? Vier nicht ganz ernst gemeinte Vorschläge:

1. Spiele verschieben 
Man könnte z.B. solange mit dem Bundesliga-Tabellenrechner herumspielen bis Greuther Fürth auf einem Relegationsplatz steht oder die Bayern nicht mehr auf Platz 1. Variante für Fortgeschrittene: wer schafft beides und verändert dabei so wenig Ergebnisse wie möglich? Ich lege mal neun veränderte Ergebnisse vor.

2. Umsatteln

In ganz Europa sind die Titel schon verteilt? Mitnichten! Der Endspurt in der mazedonischen Liga verspricht z.B. Nervenkitzel. In der Prva Makedonska Fudbalska Liga (klingt wie Musik) trennen die ersten drei der Tabelle nur vier Punkte bei sechs ausstehenden Spielen. Spannung bis Ende Mai ist garantiert. Wer holt den Titel? Horizont Turnovo, Rekordmeister Vardar Skopje oder Metalurg Skopje. Dem Meister winkt Quali-Runde 2 der Champions League.

3. Daten sammeln
Der aufmerksame Zuschauer kann schon jetzt beginnen, wichtige Informationen zu sammeln für unnütze Statistiken aller Art. Wer an den letzten drei Spieltagen aus Gründen nicht mehr trifft oder siegt oder beides, den kann man dann gleich zu Beginn der neuen Saison einen mitgeben: “Spieler XYZ seit April ohne Torerfolg/Sieg!” Bämm! Das sitzt. Und zeugt von unnachahmlichem Fußballsachverstand. Dass der halbe Kader eines Teams ausgewechselt wurde - egal. Dass der Außenstürmer jetzt Außenverteidiger spielt - nicht so wichtig. Denn nichts geht über eine gut konstruierte saisonübergreifende Statistik. Zahlen lügen nicht.

4. Witze sammeln
Irgendwas Lustiges mit Steuerhinterziehung und Transfers von Dortmund zu Bayern muss sich doch kreieren lassen. Die kommenden Wochen können genutzt werden, um witzig-ironische Tweets für das Wembley Kraut Final (um das Wort zu etablieren) vorzuproduzieren und dann im richtigen Moment abzuschießen. Im besten Fall kann im Vorfeld die Tauglichkeit der Witzchen im näheren Bekanntenkreis erprobt werden.